Rezension von Uwe Bräutigam auf nrwjazz.net
Frank Gratkowski – reeds, comp, Kalle Kalima – guit, comp, Oli Steidle – drums, comp
Manchmal muss man eben Vollgas geben | Oliwood – Frank Gratkowski, Kalle Kalima, Oliver Steidle
Text & Fotos: Uwe Bräutigam
Köln, 07.12.2015 | Das erste Stück des Trios heißt „Flipper“ und geht gleich mit wildem Spiel von Altsaxophon, E-Gitarre und Schlagzeug los, wie ein Flipper in dem die Kugel hin und her katapultiert wird.
Ob diese Assoziation mit der Kompositionsidee übereinstimmt bleibt im Dunklen. Die drei Musiker machen keine weiteren Ansagen zu ihren Stücken.
Aber das Konzert findet auch im Loft in Köln statt und dieser Veranstaltungsort ist so etwas wie das Wohnzimmer der Kölner Jazzszene. So schauen auch Simon Nabatov und Nikolas Simion vorbei. Oliwood spielt vor einem Publikum, dass die Musiker kennt und weiß, dass es Jazz ohne Scheuklappen und Schubladen erwarten kann.
Der Schlagzeuger Oliver Steidle ist nicht nur durch seine eigenen Bands bekannt, sondern auch durch seine Zusammenarbeit mit dem Freejazz Vulkan Peter Brötzmann. Er spielt auch die vertracktesten Rhythmen mit großer Leichtigkeit.
Kalle Kalima, Gitarrist aus Finnland, der ebenso wie Steidle in Berlin lebt, entwickelt immer wieder neue Harmonien, löst sich, spielt frei und entwickelt wieder kleine melodische Sequenzen.
Frank Gratkowski am Altsaxophon, spielt kurze schnelle Läufe ebenso versiert, wie lange Melodiebögen, er wendet Überblasen, Zirkularatmung und alle nur möglichen Spieltechniken an, um den Sound spannend zu gestalten.
Der Bandname Oliwood stellt natürlich den Bezug zur Filmmetropole Hollywood her.
Oliwood spielt Film Musik, wie sie in keinem Hollywoodstreifen zu finden ist. Kaurismäki trifft auf Ornette Colemann und Tarantino auf den späten Coltrane. Quer durch die Musikgeschichte und trotzdem ohne Retrosound.
Hier spielen drei Musiker, die die Genregrenzen ausloten und überschreiten. Oder vielleicht sollte man besser sagen, sie spielen ohne Grenzen zu akzeptieren, phantasievoll, mit immer neuen Wendungen. Ein Stück kann mit ruhigen melodischen Passagen beginnen und explodiert im nächsten Moment in wilde freie Improvisationen, die manchmal zurückgeführt werden oder auch in der dieser Wildheit ausklingen.
Alles scheint möglich und nichts ist vorhersehbar. Spannender Avantgarde Jazz mit einem Füllhorn an Ideen. Und trotz mancher Wildheit, klingen immer melodische Elemente an.
Und wie Frank Gratkowski nach dem Konzert an der Bar sagt: „Manchmal muss man eben Vollgas geben.“