Rezension von Uwe Bräutigam auf nrwjazz.net
Text & Fotos: Uwe Bräutigam
Köln, 10.10.2019 | Der zweite Abend des Multiphonics Festivals im Loft bewegte sich vom Jazz zur Clubmusic und zum Rock. Gäste sind Jan Galega Brönnimann & Optickle aus der Schweiz und die österreichisch-deutsche Band Edi Nulz.
Das Loft ist bei Jan Brönnimanns Auftritt abgedunkelt, zwei durchlässige Leinwände hängen von der Decke und geben den bunten, schnell wechselnden Projektionen einen räumlichen Charakter.
Brönnimann spielt bei den ersten Stücken eine Bassklarinette. Die elektronischen Einspielungen von Rauschen, Sphärenklängen und harten Beats lassen eine Clubatmosphäre aufkommen, verstärkt durch die schnell wechselnden abstrakten Farbspiele der Visuals. Ein psychedelischer Trip, nur mit Acid Jazz statt LSD.
Die Bassklarinette klingt bei Brönnimann sehr oft nach der elektronisch veränderten Trompete von Nils Petter Molvaer.
Sehr originell ist sein Stück African Balls, bei dem er auch African Balls, zwei Kugeln die mit einem Band verbunden sind und mit denen er vertrackte Rhythmen schlägt. Überhaupt unterbricht er immer wieder sein Klarinettenspiel und trommelt auf verschiedenen Soundplates, Becken und Trommeln.
Neben der Bassklarinette kommt auch die Kontrabassklarinette zum Einsatz. Diese klingt bei ihm ab und an wie ein tiefes Baritonsaxophon. Zu den tiefen vibrierenden Klängen der Kontrabassklarinette spielt er harte Beats ein. Die bunten Projektionen weichen grauen Steinstrukturen, wie Kopfsteinpflaster oder Ziegelmauern.
Die Musik changiert zwischen beatlastigen Passagen und sphärisch-melodischen Phasen, die immer wieder ineinander übergehen. Die beiden letzten Stücke sind von Landschaften in Island und China inspiriert. Auch hier finden sich sphärische Klangbilder die dann in tanzbare Beats übergehen. Welcome to the club. Es ist nicht ganz neu was Jan Galega Brönnimann macht, vieles erinnert eben stark an Molvaer, aber er experimentiert und sucht neue Wege, bei denen er Musik und visuelle Kunst, akustische Instrumente und Elektronik miteinander in Beziehung setzt.
Auch das zweite Konzert verlässt die gewohnten Pfade des Jazz und der improvisierten Musik.
Edi Nulz – ein österreichisch-deutsches Trio, mit Siegmar Brecher an der Bassklarinette, Julian Adam Pajzs an der E-Gitarre und Valentin Schuster am Schlagzeug. Der Journalist Andreas Felber vom Standart nannte die Musik “räudiger Kammerpunkjazz.“ Die Musik von Edi Nulz ist laut und rockig, manchmal punkig, aber durchaus auch mit Jazzelementen. Alle drei Musiker haben Jazz studiert, was sie aber nicht abhält in vielen Genres zu wildern, was der Jazz seit seiner Entstehung in New Orleans schon immer gemacht hat. Die Bassklarinette von Siegmar Brecher ersetzt die Gesangsstimme und den Bass in der Band. Die Band hat einen hohen Dynamikumfang, von leisen Tönen mit Zimbeln bis zu wilden Noisepunk Explosionen. Auch Pausen sind ein wichtiges Element in der Musik der Band.
Bei alledem nehmen sie sich nicht zu ernst, sie nehmen alles mit viel Humor. Das fängt bei den abgefahrenen Titeln an, wie Wurzel von Null und geht bis in die Musik hinein. Wenn etwa im Stück Mexikanischer Beistand schmalzige Mariachi Phrasen eingebaut werden. Edi Nulz ist alles andere als eine typische Jazzrock Band. Edi Nulz hat Spielfreude und Witz, ist wild und laut, ist Faust auf´s Auge irgendwie trifft Felbers “räudiger Kammerpunkjazz“ zu, natürlich als Kompliment.
Das Multiphonics Festival bleibt weiter spannend.