Rezension von Uwe Bräutigam auf nrwjazz.net
Text & Fotos: Uwe Bräutigam
Köln, 01.10.2019 | Das Kollektiv JungesLoft hat die isländische Pianistin Sunna Gunnlaugs zu ihren Monday Meetings eingeladen. Sie spielt in der Reihe: JungesLoft meets Scandinavia mit drei jungen Kölner Musiker*innen zusammen: Theresia Philipp am Altsaxophon, Stefan Schönegg am Bass und Leif Berger am Schlagzeug.
Das Kollektiv JungesLoft sind neun Kölner Musiker*innen: Mascha Corman, Felix Hauptmann, Florian Herzog, Jonathan Hofmeister, Johannes Ludwig, Conrad Noll, Sabeth Pérez, Theresia Philipp und Janning Trumann. Letztes Jahr haben sie für ihre Konzertreihe die Spielstätten Auszeichnung “Applaus“ bekommen. Mit der neuen Konzertreihe lädt das Kollektiv, drei Musiker und eine Musikerin aus dem hohen Norden ein. Das erste Konzert war am 16.9 und der bekannte dänische Schlagzeuger Kresten Osgod war Gast.
Das zweite Konzert in der Reihe findet mit der isländischen Pianistin Sunna Gunnlaugs statt.
Sie gehört zu den wichtigsten Stimmen im isländischen Jazz und weit darüber hinaus. Sie hat in den USA studiert und lange Jahre in New York gelebt. Seit 2011 lebt sie wieder in ihrer Heimat Island. Seit einigen Jahren spielt sie unter anderem mit der Pianistin Julia Hülsmann im Duett. Sie begeisterte das Fachpublikum im Frühjahr auf der Jazz Ahead in Bremen, hat 2018 auf dem Winterjazz im Stadtgarten gespielt und war zuletzt vor 17 Jahren im Loft zu Gast.
Die Saxophonistin Theresia Philipp, Mitglied von JungesLoft hat sie 2018 während eines Konzertaufenthaltes in Island kennengelernt und mit ihr zusammengespielt, unter anderem vor dem isländischen Staatsoberhaupt und dem deutschen Bundespräsidenten. Sunna Gunnlaugs leietet das Freyjujazz Festival in Reykyavík.
Auf dem Konzert im Kölner Loft werden vor allem Kompositionen der isländischen Pianistin gespielt, neue und ältere Stücke. Aus ihrem aktuellem (von elf Alben) Album Ancestry spielen sie das Titelstück. Es basiert auf alter isländischer Volksmusik, die typischerweise meist in Moll gehalten ist. Aufgenommen mit dem finnischen Trompeter Verneri Pohjola. Ein anmutiges Stück – Bill Evans meets Iceland Folk. Für den stimmungsvollen Bläseranteil sorgt Theresia Philipp.
Das Gunnlaugs Stück Thema ist bereits acht Jahre alt und reflektiert ihre Rückkehr von New York nach Island. Die enorme weite, die grandiose Natur und viel Ruhe, all das hat sie in Brooklyn vermisst. Lange gehaltene Töne des Saxophons und ein lyrisches Piano setzen hier die Akzente. In den letzten Jahren hat Sunna Gunnlaugs viel Musik für Film und Fernsehen geschrieben. Das Stück Hadda ist ein Ausschnitt aus diesem Schaffensbereich, die Musik zu einem Beziehungsdrama.
Auch wenn Sunna Gunnlaugs mit ihrem Piano im Mittelpunkt steht, ist die Isländerin ein guter Teamplayer. Die drei in Köln lebenden Musiker*innen tragen nicht unerheblich zu diesem schönen Konzert bei. Leif Bergers treibendes Schlagzeug sorgt für das rhythmische Gerüst und setzt eigene Akzente, im Stück Smack `Em spielt er ein spannendes Solo, das Sunna Gunnlaugs mit der linken Hand begleitet. Stefan Schönegg steuert seine Komposition Herbstmonat zum Konzert bei. Das Stück hat ein langes Duo von Bass und Altsaxophon als Einleitung, zu der dann Leif Berger mit gedämpftem Schlagzeug kommt und erst recht spät setzt das Piano mit ruhigen Klängen ein.
Auch von Theresia Philipp wird ein Stück gespielt: Simple Truth. Ein rhythmisch und melodisch ausgesprochen spannendes Stück. Die Zugabe ist ebenfalls von Theresia Philipp. Ihr Spiel ist oft voller Swing mit Anleihen aus dem Hardbob, was sie mit Susanna Gunnlaugs musikalisch verbindet. In allen Stücken des Konzertes erhalten ihre brillianten Improvisationssoli heftigen Applaus.
Sunna Gunlaugs tiefe Verbundenheit mit der Kultur Islands ist in ihren Stücken präsent, aber auch ihre amerikanisch geprägten Jazz Wurzeln sind immer als Hintergrund anwesend.
Ein inspirierendes Konzert, eine herausragende Pianistin aus Island trifft auf drei hervorragende Vertreter*innen der jüngeren Kölner Szene.