09/2018: Stimme und Saxophon | Jacobien Vlasman & Angelika Niescier mit Band

Rezension von Uwe Bräutigam auf nrwjazz.net

Jacobien Vlasman – Stimme, Komposition
Angelika Niescier – Altsaxophon, Komposition
Ludwig Hornung – Piano
Matthias Akeo Nowak – Bass
Christian Thomé – Schlagzeug

Text & Fotos: Uwe Bräutigam

Köln, 25.09.2018 | Angelika Niescier ist eine umtriebige Musikerin, die immer neue Herausforderungen sucht. In ihrem neusten Projekt steht die Verbindung von Saxophon und Gesang im Mittelpunkt.

Angelika war in diesem Jahr zusammen mit der Sängerin Jacobien Vlasman und dem Schlagzeuger Christian Thomè Stipendiat der Kulturakademie Tarabya in Istanbul.

Während eines gemeinsamen Konzerts auf dem XJazzfestival in Istanbul entstand bei den beiden Frauen, der Wunsch die Zusammenarbeit fortzusetzen. Sie holten Christian Thomè, den Bassisten Mathias Akeo Nowak und Pianist Ludwig Hornung mit ins Boot und formierten die Band vlasman / niescier 5.

Auf dem Konzert im Kölner Loft spielt die Band viele Kompositionen von Jacobien Vlasman und Angelika Niescier aus der Zeit ihres Istanbulaufenthaltes. Einige Stücke von Jacobien Vlasman beziehen sich auch direkt auf das Leben in der türkischen Metropole, so das Eröffnungsstück Dolmus, das den türkischen Minibussen gewidmet ist. Hier wird auch lautmalerisch gearbeitet und das Hupen der Busse von den Instrumenten, besonders dem Saxophon, aufgegriffen. Aber auch die aufgeregten Fahrgäste werden in Gesangslinien von Jacobien Vlasman, wenn auch leicht verfremdet, abgebildet. Dieses Einflechten von typischen Geräuschen aus dem Leben in der türkischen Metropole findet sich auch in einer Komposition, die dem großen Basar gewidmet ist. Die Stimmen der Frauen, die mit den Verkäufer*innen handeln, ja selbst das Gestikulieren wird von Vlasman aufgegriffen.

Angelika Niescier spielt, wie wir es von ihr kennen, spannende Soli, in denen die musikalischen Ideen nur so sprudeln.

Eindrücklich sind auch die Passagen in denen Gesang und Saxophon Unisono klingen. Das Stück über den Basar hat ein langes lyrisches Pianosolo als Intro, in dem Ludwig Hornung seine Qualitäten als ein rising star Jazzpianist deutlich zeigen kann. Auch in der Vlasman Komposition Bob, die sich auf die Horrorserie Twin Peaks von David Lynch bezieht, gibt es einen großartigen Pianopart von Hornung.

Überhaupt haben die beiden Frontfrauen eine hervorragende Rhythmusgruppe, die auch alleine für sich schon das Konzert Wert wäre. Matthias Nowak ist ein ausgezeichneter Bassist, der ein solides Rückrat für die Band bildet und dabei kreativ auf die anderen Musiker eingeht. Ganz besonders herausragend ist der Schlagzeuger Christian Thomè, der auf jede noch so kleine Saxophon- oder Gesangslinie mit einer kreativen rhythmischen Idee antwortet.

So gibt es z.B. in Angelika Niesciers Stück Cage Was Right, das von dem großen Musiker und Musikphilosophen John Cage inspiriert ist, ein grandioses Saxophon-Schlagzeug Duo.

Jacobien Vlasman setzt hier bei ihrem Skatgesang Looptechnik ein. Dieses Stück ist auch in der Türkei entstanden, obwohl es nicht an türkische Lebenswelten anknüpft.

Die Band, die in dieser Formation zum ersten Mal öffentlich auftritt, überzeugt durch ihr gutes Zusammenspiel, das natürlich den hervorragenden Musiker*innen geschuldet ist.