Der Rote Hase
Oder: „wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt “
Über die Erweiterung des Kunstbegriffs: warum Köln Sigmar Polke das LOFT verdankt.
Unter dem Titel: Alibis: Sigmar Polke. Retrospektive 14. März bis 5. Juli 2015 gab es Im Kölner Museum Ludwig eine Sigmar Polke Ausstellung zu sehen
Im Februar 2015 war ich mit meiner Frau in Gent – auf dem „Freitagsmarkt“ sah mich ein großer Roter Hase an – ausgestellt mit vielen anderen Skulpturen und Tieren. Den LOFT Besuchern der letzten beiden Monate ist er schon bekannt. Gekauft habe ich ihn (eigentlich sie – denn es ist ja eine Häsin Namens Erna) weil mir als Niederrheiner und Beuys Fan sofort die Assoziation „rot- tot“ und damit die Aktion von Joseph Beuys im Jahr 1965 in der Düsseldorfer Galerie Schmela einfiel die den Titel trug:
„Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“
“Die Aktion gilt als Höhepunkt von Joseph Beuys’ Entwicklung eines erweiterten Kunstbegriffs, die ihren Ausgang bereits in seinen Zeichnungen der 1950er Jahre nahm. Distanziert und ironisch zelebriert er das Ritual des „Kunst-Erklärens“ durch seine de facto (für das Publikum) schweigende Aktion”. (Wikipedia)
Was hat das aber jetzt mit dem LOFT und Sigmar Polke zu tun?
Das erste Loft war 1986 nicht weit von der Musikhochschule entfernt in einem Hinterhof auf der Straße Unter Krahnenbäumen. Hier baute ich ab April eine kleine Fabriketage aus, um dort, ganz in der Nachfolge des damals gerade geschlossenen „Studio Beginner“ von Walter Zimmermann, zu arbeiten und kleine Konzerte zu veranstalten. Über mir, sagte mir der Vermieter, arbeite und wohne ein Künstler (Sigmar Polke) der aber im Augenblick nicht in Köln sei. Der war nämlich zu der Zeit in Venedig, wo er den deutschen Palais der Biennale gestaltete, für den er dann den „Goldenen Löwen“ gewann und dafür auf der Titelseite des „Spiegel“ als “Alchemist unter den Künstlern“ gefeiert wurde.
Zurück in Köln fühlte sich Sigmar Polke sogleich durch meine musikalischen Aktivitäten unter ihm gestört, hatte jedoch wenig Chancen, mich zu vertreiben, da es eben ein Gewerbehaus und kein Wohnhaus war. Wiederholt rief mich der Vermieter an und schließlich sagte ich ihm: „wir sprechen doch nicht von Problemen – sondern von Lösungen und von Geld!“. Da ich inzwischen mit Sigmar Polke auch eine kleine „körperliche Auseinandersetzung“ gehabt hatte, übernahm seine Lebensgefährtin die Verhandlungen und sprach mich auf eine finanzielle Lösung des Problems an mit dem Vorschlag, ich solle doch Ihnen alle Quittungen für die Renovierung und Investitionen geben – sie würden mir die Kosten ersetzen und den (langjährigen) Mietvertrag übernehmen. Ich sagte, dass das eine gute Idee wäre, nur würde ich dann im Gegenzug 7 Bilder von Sigmar Polke gemalt haben wollen, ich würde die Kosten des Materials, das dafür nötig sei, natürlich ersetzen.
Unverständliches Schweigen.“Mit welchem Recht ist meine Arbeit nur Material?” sagte ich daraufhin, ich z.B. schüfe Räume für Kunst und für Künstler, und ich fände ihren Kunstbegriff für Künstler erstaunlich eng.
Die 7 Bilder habe ich natürlich (leider) nie bekommen, aber nachdem mein Steuerberater die Verhandlungen dann in die Hand genommen hatte kam letzten Endes doch eine so große Summe als Abstand zu Stande, dass ich im Jahr 1987 mit den Umbauarbeiten des heutigen LOFT in der Wissmannstr. beginnen konnte.
HM Müller, 04/2015