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Daniel Gessner & Ensemble: „Living with Loops“

Dienstag 9. Juli 2019 - 20:30

Daniel Gessner – Rhodes & Laptop

Jannis Sicker – Gitarre
Matthias Schuller – Posaune
Zuzana Leharová – Violine
Pauline Buss – Viola
Conrad Noll – Cello, Bass


Im seinem Stück Living with Loops konfrontiert der Pianist Daniel Gessner Performer und Publikum gleichermaßen mit dem Prinzip der Wiederholung – und untersucht dabei, wie wir auf sie reagieren können. Er spielt ein durch Effektgeräte erweitertes Fender Rhodes und entwirft gleichzeitig am Laptop perkussive Loops. Als klanglicher Gegenpol zu diesem elektrifizierten Setup agiert ein überwiegend aus akustischen Instrumenten bestehendes Ensemble (Posaune, Gitarre, Streicher). Das Stück durchläuft verschiedene Szenen, die klanglich-emotional ganz unterschiedlich eingefärbt sind. Die Musiker*innen erproben dabei Strategien, improvisatorisch mit Wiederholung umzugehen.
 
Das Rhodes gilt als Instrument des Soul und Jazz-Funk. Sein ikonischer Sound ist am ehesten aus der Musik der 1970er Jahre bekannt, geprägt von Musikern wie Stevie Wonder oder Herbie Hancock. Gessner erweitert das Instrument um Effektgeräte und synchronisiert es mit dem digitalen Sequencer Ableton Live. Im Spielverlauf kann er sich nicht nur selbst klanglich verfremden und so das Sound-Klischee des Rhodes durchbrechen, sondern auch Loops erzeugen, mit denen er das Stück um abstrakt-perkussive, repetitiv-rhythmische Bestandteile oder klangliche Texturen erweitert.
Loops, also digital erzeugte, sozusagen ‚wortgetreue‘ Wiederholungen einer musikalischen Aktion, stehen im Zentrum der Komposition. An den Nahtstellen jedes Loops werden durch den chirurgisch-digitalen Schnitt akustische Wunden hörbar gemacht – die aber sofort verheilen: Der Loop bleibt von Lebendigem unbehelligt. Ohne Eingriffe von außen kehrt dieselbe Gestalt immer wieder zurück. In der Software läuft während des Stückes ein Puls mit klinischer Präzision durch. Wie verhalten wir uns angesichts quasi unendlicher (musikalischer) Wiederholung? In Living with Loops werden verschiedene Strategien improvisatorisch vorgestellt. Man kann z.B. passiv bleiben, abwarten und die Wiederkehr erdulden. Wir können uns mitreißen lassen, uns gehen lassen und in Ekstase versenken. Oder wir durchbrechen den Loop mutwillig. Aktiv werden hieße dann, zu zersplittern oder zu verkürzen. Von der durch ewige Wiederholung verfestigten musikalischen Idee bleiben in dem Fall nur noch Reste übrig.

Die im Stück verwendeten Klangfarben bewegen sich im ästhetischen Spannungsfeld, das sich zwischen ‚digital‘ und ,analog’ auftut:
 Das Ensemble – mit Posaune, Gitarre und Streichern überwiegend in tiefer Lage besetzt – erzeugt häufig erdige, rohe und obertonreiche akustische Klänge. Dagegen wirkt das Rhodes durch seinen glockig-schwebenden Klang und trotz seines massiven Gewichts beinahe wie ein körperloses Instrument. Doch die digital produzierten Schlagzeugsamples beherrschen die akustische Landschaft des Stückes. Sie sind allgegenwärtig und klanglich so wenig wandelbar, dass die anderen Instrumente ihren Platz neben und mit ihnen suchen müssen.