10/2015: jungesloft – Duonale Vol. II

 

jungesloft: Duonale Vol. II

Duo Verneri Pohjola – trp.& Thomas Sauerborn – dr.

Duo Lucas Leidinger – piano & Daniel Daehmen – sax.



Der Kölner Pianist Lucas Leidinger beschäftigte sich in den vergangenen Monaten vor allem mit Kompositionen für große Ensembles. Sein Projekt Lucas Leidinger Trio & Strings spielte im vergangenen September im Kölner Loft und während seines Masterstudiums in Kopenhagen feilte er an Kompositionen für Bläser, Streicher und Rhythmusgruppe. Kurator Janning Trumann lud den vielseitigen Pianisten nun in kleiner Besetzung zu seiner Konzertreihe „Duonale“ ins Loft ein. „Gerade während der Arbeit an den Kompositionen für die großen Ensembles entstand der Wunsch, auch wieder Musik mit mehr Freiräumen und Platz für Improvisation zu schreiben.“ Es entstanden kammermusikalische Jazzstücke, zugeschnitten auf Leidinger und seinen Duopartner Daniel Daehmen aus den Niederlanden.
Die langjährige Zusammenarbeit hört man den beiden Musikern, die das erste Set gestalten, sofort an. Blind folgt Saxophonist Daehmen bei gemeinsamen Linien seinem Gegenüber, agogische Phrasierungen und Rubatomelodien erfordern viel Kontakt. Die Kompositionen sind assoziative Miniaturen, oft perkussiv und rhythmisch wie „Life in a box of glass“ oder die Hommage an springende Gummibälle in „Fl-Fl-Flubber“. Lautmalerisch versonnen klingt dagegen das Stück „Ankomst“ mit fast Schumann-ähnlicher Romantik im Thema. Vor allem Leidinger nutzt die Freiheiten der kleinen Besetzung, und spielt sein pianistisches Können in Soli und prägnantem Begleitungsstil voll aus. Daehmen unterstützt die Soloparts seines Duopoartners tonal und atmosphärisch mit oft leisen, samtigen Liegetönen und Geräuschen. Seine Improvisationen klingen dagegen bruchstückhaft, verzetteln sich in Trillern und Akkord-Arpeggien. Etwas mehr Leidenschaft und Prägnanz hätte ein noch ausgewogeneres Duo-Klangbild ergeben.

Eine ganz andere Voraussetzung liegt dem zweiten Set des Abends im Loft zugrunde, denn der finnische Trompeter Verneri Pohjola muss mit Kölner Schlagzeuger Thomas Sauerborn erst einmal eine gemeinsame klangliche Ebene finden. Von Janning Trumann eingeladen, spielen die beiden Musiker zum ersten Mal zusammen.
Pohjola: „Auf der einen Seite gelingt es mir sehr schnell, eine spontane Verbindung zu anderen Jazzmusikern aufzubauen. Auf der anderen Seite bleibt es sehr aufregend, da wir die gegenseitigen musikalischen Entdeckungen direkt vor Publikum machen.“ So beginnt das improvisierte Set auch unscheinbar, mit einem nebeneinander-her von Tomfell-Tapsen und einer archaischen Melodie von Pohjola. Doch schon bald geben sich die beiden Musiker wechselseitige Inspirationen und entwickeln stetig ihre Improvisation weiter. Sauerborn bietet einen trockenen Backbeat-Groove an, den er nach und nach reduziert, bis nur noch leise Beckentexturen übrig bleiben. Pohjola breitet ein großes kreatives Klangspektrum auf der Trompete aus, spielt mal röhrig, mal knarzig, mal glasklar. Seine Melodien haben ein deutliches Profil, seine Phrasierung erinnert an Hardbop. Lediglich sein Zungenstoß gerät bei der Melodiebildung ein wenig aus den Fugen, sodass er zuweilen neu ansetzen muss.
Geradezu spektakulär gerät das zweite improvisierte Stück des Duos: Während Sauerborn mit einem elektronisch verstärkten Becken eine dunkle Klangfläche aufbaut, nutzt Pohjola den natürlichen Halleffekt eines offenen Konzertflügels für seine Linien. Beide genießen das leise pulsierende, von ihnen erschaffene Klanguniversum; wie ein Magier lässt Sauerborn eine Schale über dem Becken kreisen. Später erzeugt er mit zwei Kontrabassbögen einen tiefen, voluminösen Ton.
Besonders klanglich erreicht das spontane Duo Pohjola/Sauerborn eine erstaunliche Ausgewogenheit. Dies kann daran liegen, dass der finnische Trompeter keinerlei Berührungsängste mit Audiotechnik kennt: Pohjola spielt fast die meiste Zeit mit Mikrofon, ungewöhnlich für einen Blechbläser in einem kleinen Konzertraum. Sein Sound ist so auch an leisen Stellen präsent und immer in eine sehr subtile Hallfahne gehüllt, eine vorbildliche Lösung für die eher trockene Akustik im Kölner Loft.

©Luis Reichard