Rezension von Uwe Bräutigam auf nrwjazz.net
Text & Fotos: Uwe Bräutigam
Köln, 13.06.2022 | Die übliche Bestuhlung im Kölner Loft ist aufgehoben, Reza Askaris Band Roar steht mitten im Raum und die Zuschauer*innen bilden einen Kreis um die Band. Damit wird mehr Nähe zum Publikum hergestellt. Es sind viele bekannte und Freunde*innen der Band erschienen.
Der umtriebige Bassist Reza Askari, der noch vor ein paar Tagen auf dem Moers Festival aufgetreten ist, freut sich sichtlich im Loft aufzutreten und Musik aus seinem neuen Album vorzustellen. „Ist es nicht fantastisch, dass es so einen Ort gibt. Hier zu spielen ist immer eine besondere Freude und auch ein Heimspiel.“
Die Musik des Abends besteht ausschließlich aus Stücken des neuen Albums Roar feat. Christopher Dell. Es ist das dritte Album der Band, das Ende Juni als CD und auch als Vinyl Schallplatte erscheinen wird. Die beiden Vorgänger Alben sind hier im Kölner Loft aufgenommen worden. Das Konzert im Loft ist auch der Auftakt zu einer kleinen Tour, die noch nach Bad Hersfeld und Dresden führt.
Das Trio Roar besteht aus drei exzellenten Musikern der Kölner Szene, die alle drei Solisten, viel gefragte Sidemen und auch Komponisten sind. Stefan Karl Schmid an Saxophon und Klarinette, Fabian Arends am Schlagzeug und Reza Askari am Kontrabass. Aber nun ist das Trio für das neue Album zum Quartett erweitert worden. Der renommierte Vibraphonist Christopher Dell bereichert nun die Band. Im Radio Interview auf Radio 674fm betont Reza, dass ein Vibraphon das Klangspektrum erweitere und dass er das Instrument sehr mag., aber vor allem ginge es darum mit Christopher Dell eine besondere Musikerpersönlichkeit zur Band zu holen.
Beim ersten Stück muss sich das Publikum noch in die Musik einfinden. Ab dem zweiten Stück können sich alle ganz auf die Musik einlassen und ein spannender Konzertabend nimmt im Loft seinen Lauf. Die Stücke haben kryptische Titel, die keine direkte Wortbedeutung haben wie Doolz, Nessogenic Psymass oder Maining Part I und II. Wobei Reza zum letztgenannten Titel mitteilt, dass er dem Pianisten Felix Hauptmann gewidmet ist, den er als Musiker sehr schätze. Die Musik ist vielschichtig, von eher melodischen Stücken wie Nessogenic Psymass bis hin zu den mehr abstrakteren Titeln wie Guts. Als Bassist stellt sich Reza Askari nicht in den Vordergrund. Er spielt das ein oder andere spannende Solo, wie das Intro zu Maining Part I, aber ihm ist offensichtlich der Sound der Band wichtiger, als solistisches Spiel. Trotzdem bleibt natürlich das herausragende Saxophon- und Klarinettenspiel von Stefan Karl Schmid zu erwähnen oder auch das virtuos bis artistische Spiel von Christopher Dell am Vibraphon. Besonders gefallen hat mir Fabian Arends, den ich über die Jahre bei vielen Konzerten erlebt habe. Auch er drängt nicht in den Vordergrund, treibt aber die Musik voran und setzt, wenn es der Sound verlangt, kräftige Impulse. In dieser Band sind einfach vier herausragende Musiker zusammengekommen, die auch die Musik entscheidend mitprägen, vom Entstehungsprozess bis zur Aufführungspraxis.
Das Publikum wird gefordert, es bekommt keine sofort eingängige Musik serviert, aber wer sich auf die Musik einlässt, bekommt viele schöne Momente geschenkt. Musik die sich immer weiter erschließt, desto tiefer man in sie eindringt. Ein Fluss an Tönen, der einen Sound bildet, aus dem sich eine besondere Stimmung und Atmosphäre entfaltet. So wird auch das Publikum im Loft von der Musik angesprochen und berührt. Und als Zugabe gibt dann das Stück FCK TH SHT ND MK MSC, ein Titel, der sich zumindest von der Wortbedeutung schnell erschließt. Nicht nur das Konzert von Roar feat. Christopher Dell im Loft endet mit diesem Stück, sondern auch das neue Album. Den Musikern und besonders Reza Askari ist die Freude darüber, dass die Musik beim ersten Gig so gut funktioniert hat, ins Gesicht geschrieben. Es ist schließlich, das erste Konzert, bei dem die Musik aus dem Album Roar feat. Christopher Dell, dem Publikum vorgestellt wird.