Rezension von Uwe Bräutigam auf nrwjazz.net
Köln, 25.04.2018 | Das achte Plushmusic Festival im Kölner LOFT bietet eine große Bandbreite an hochwertiger Musik. Vom jungen Jazzduo über Basso Ex Machina mit Christian Lillinger und Robert Landfermann bis zum ungarischen Geigenstar Barnabas Kelemen ist ein großer Bogen gespannt. Das Festivalmotto Trending East nennt einen Schwerpunkt für dieses Jahr: Musiker aus Osteuropa und Musik aus dem Nahen Osten. Hier ein Bericht über die ersten zwei Tage:
1. Tag
Den fantasievollen Namen Youthful Yellow Cats dachte sich Kurator Hayden Chisholm aus, für das Duo des Trompeters Ferdinand Schwarz (*1997) und des Pianisten Darius Held (*1999), damit soll die abgegriffene Bezeichnung Young Lions vermieden werden. Die beiden jungen Musiker eröffnen das Festival mit ihren Eigenkompositionen, die auf Entschleunigung und Tiefe setzen. Schon das erste Stück macht die musikalischen Vorlieben der beiden Musiker deutlich. Es beginnt mit rhythmischen Wiederholungen am Piano und einer Trompete die ruhig darüber spielt, nach einiger Zeit wechselt das Muster und der Trompeter spielt rhythmische Wiederholungen und der Pianist improvisiert dazu. Der Einfluss der Minimal Music ist spürbar. Im zweiten Stück wird der Klangbereich mit einer Einspielung vom Labtop erweitert. Ein englischer Text u.a. von Sun Ra, lädt ein sich für das Unbekannte und die Unsicherheit zu öffnen. Gesprochen ist der Text von der Sängerin Thea Soti. Im weiteren Verlauf des Konzerts zeigt sich, dass die beiden Musiker tiefgründige Stücke schreiben und spielen, bei denen Jazz und improvisierte Neue Musik miteinander verbunden werden. Erstaunlich reife Musik von Youthful Yellow Cats.
Mit dem Lost City Ensemble geht es nun in den Nahen Osten, zur persischen Musik. Der Saxophonist James Wylie, der ebenso wie Hayden Chisholm aus Neuseeland stammt, lebt seit sieben Jahren in Thessaloniki und hat sich intensiv mit persischer Musik beschäftigt. Er hat traditionelle persische Instrumente erlernt und komponiert auch in dieser Musik. Er stellt mit seinem Lost City Ensemble einen Teil aus einer Komposition für ein größeres Orchester vor: Ghahraman Nameh – Book of Heros. Die Musik und die Texte spüren der Frage nach, was sind Helden. Seine Quellen sind die persische und griechische Mythologie, aber auch die Geschichte der Maori.
Als letzte Band des Abends spielt das Trio Aly Keita, Jan Galega Brönniman und Lucas Niggli. Aly Keita aus der Elfenbeinküste ist einer der großen Virtuosen am Balafon, einem afrikanischen Vibraphon aus Holz mit untergehängten Kalebassen als Resonanzkörper. Aly Keita trifft auf Jan Brönniman an der Bassklarinette und Lucas Niggli am Schlagzeug. Der ungemein kraftvoll spielende Niggli geht mit dem virtuosen Schlagwerker Aly Keita in Dialoge und kleine Battles, begleitet von Jan Brönniman mit den tiefen Tönen der Bassklarinette. Aly Keita lässt das Balafon singen, während Niggli die Drums förmlich explodieren lässt. Afrikanische Musik und Jazz werden hier zusammengeführt. Eine Band mit enormer Energie, die auf jedem großen Festival, von Moers bis Rudolfstadt auftreten kann.
Nach den Bands gibt es noch die Wildcard – Improvisationen von Musikern und Gästen, die sich spontan ergeben.
2. Tag
Wie der erste Tag geendet hat, so beginnt der zweite Abend, mit wilder Energie, dafür sorgt das Trio Basso Ex Machina mit Robert Lucaciu und Robert Landfermann, beide spielen Bass und Christian Lillinger am Schlagzeug.
Das Trio wird durch Philip Zoubek am Fender Rhodes und Frank Gratkowski an Flöte und Saxophon erweitert. Die Musik der Band entwickelt sich langsam und steigert sich zu enormer Intensität. In der Zugabe wird es dann eine Geräuschkulisse entwickelt aus Schnalzen, Krachen, Rauschen, Schaben und vielem mehr.
Das zweite Konzert des Abends ist ein Opernfragment (work in progress) von Hayden Chisholm. Jazz trifft auf Neue Musik. Philip Zoubek spielt hier am präparierten Flügel. Er spielt ein wildes lautes Intro, bricht ab und die anderen Musiker beginnen zu spielen. Hayden Chisholm am Saxophon, Hans Martin Müller an der Flöte und Frank Gratkowski an Saxophon und Flöte, der Gesangspart ist mit der Sopranistin Yuka Yanagihara besetzt. Ein verwickeltes Libretto, um einen orthodoxen Priester, der dem Leben seines Großvaters nachspüren will, der als Spion in Japan lebte. Der Priester wird wegen Opiumbesitz in Persien eingekerkert und zum Tode verurteilt. Eine japanische Journalistin, die auch Spionin ist, besucht ihn im Gefängnis. Priester und Japanerin entdecken ihre Seelenverwandtschaft und verlieben sich. Vor dem Fenster der Zelle singt ein Vogel und persische Musiker üben irgendwo in der Nähe. Die Musik dazu ist sehr vielfältig angelegt, von japanischen Rezitationen über Obertongesang von Hayden Chisholm bis zum Tirrilieren der Flöte von Hans Martin Müller, der den Vogel vertont, gibt viel interessante und feine Musik. Asiatisch anmutende Flötenklänge von Hans Martin Müller haben ebenso Raum wie jazzige Saxophonpassagen von Hayden Chisholm. Das Lost City Ensemble, das am Vortag spielte hat auch seinen Part in der Oper. Man darf auf das Gesamtwerk gespannt sein.
Wie am ersten Tag folgte nach dem Programm wieder die Wildcard mit einer spontanen Session. Schon die beiden ersten Tage sind wieder voll mit vielfältigen Konzerten aus unterschiedlichen Bereichen der Musik. Ein Festival voll mit Überraschungen, in dem es etwas zu entdecken gibt.
Auch der letzte Abend Hungarian Night ist hervorragend besetzt. Es spielen zwei Ensembles:
Kelemen Quartet & Gareth Lubbe und Lajos Sàközy Jr. & Band. Der großartige Braschist Gareth Lubbe kuratiert diesen Abend. Barabàs Keleman ist ein Weltklassegeiger mit seinem herausragendem Kammermusikensemble. Lajos Sàrkösi und seine Band bringen die ungarische Volksmusik mit Klassik und Jazz zusammen.