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DER ROTE BEREICH: CD-Präsentation „Risky Business“
Sonntag 6. Oktober 2002 - 20:30
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Rudi Mahall – bcl
Frank Möbus – git
Oliver Bernd Steidle – drums
Die Berliner Band, die mit enormen Erfolg vor 1 ½ Jahren das erste Mal im LOFT gastierte und dann beim Moerser LOFT Projekt zusammen mit Steamboat Swizzerland für einen der Höhepunkte des Festivals sorgte, stellt seine neue CD „Risky Business“.
Der neue Schlagzeuger Oliver Bernd Steidle ist zum ersten Mal im LOFT zu hören.
FRANK MÖBUS / DER ROTE BEREICH
10 JAHRE DER ROTE BEREICH
Nicht daß die Herren mit den komischen Anzügen, den hoch gestellten Krägen und den langen Koteletten mittlerweile ergraute Jubilare wären, aber dennoch: Der Rote Bereich wird 10 Jahre alt und sie haben allen Grund zum Feiern: Der Rote Bereich gilt nicht erst seit gestern aufgrund seiner eigenwilligen Musik, seines anarchistischen Humors, seiner intelligenten Arrangements und seines originellen Sounds „als wichtigster Vertreter des deutschen Avantgarde-Jazz“ (Tagespiegel) – auch wenn die eben erwähnten Herren selbst den Begriff Avantgarde nur akzeptieren würden, steckt man sie damit nicht in irgendeine musikalische Schublade.
Der Rote Bereich wurde 1992 von Gitarrist Frank Möbus und dem Bassklarinettisten Rudi Mahall in Nürnberg als Quintett-Formation mit dem amerikanischen Jazzposaunisten Marty Cook, Henning Sieverts am Bass und Jim Black, dem Drummer aus der New Yorker Knitting-Factory-Szene, mit dem Frank Möbus bis heute in Carlos Bicas Gruppe „Azul“ zusammenarbeitet, gegründet. Bei allen Umformierungen, die die Gruppe seitdem erfahren hat, prägten doch Frank Möbus und Rudi Mahall von Beginn an mit ihrer kreativen Suche nach frischem Klang, ihren doppelbödigen, von Pop und Rock ebenso wie von Jazz und Zwölfton-Musik geprägten Kompositionen und ihrer sehr individuellen, energiegeladenen Spielweise den unverwechselbaren Sound der Band, fernab jeglicher Konventionen, Klischees und kommerziellen Erwägungen. Sie räumen radikal mit eingefahrenen Hörgewohnheiten auf, verblüffen immer aufs Neue mit überraschenden Rhythmuswechseln, unerwarteten Harmonieverschiebungen oder subversiv-ironischen Umdeutungen und haben dadurch auch ein junges Publikum für sich gewonnen, daß Jazzkonzerten sonst eher reserviert gegenübersteht. Die erste Veröffentlichung der Gruppe mit dem lakonischen Titel Der Rote Bereich 1 erlebte ihre Live-Premiere 1992 bei Jazz Ost West und wurde sogleich ob „origineller Stücke, inspirierter Soli und Klang-Überraschungen en gros … als Entdeckung dieses Festivals“ gefeiert (Nürnberger Nachrichten), ja sogar als Musik „auf der Ebene internationalen Spitzenniveaus“ (Hifi Magazin) eingestuft. Von Anfang an tourten sie auf den großen Festivals, machten unzählige Rundfunkproduktionen und avancierten mit ihrer ausgesprochen individuellen
Handschrift schnell zum Gegenmodell konventioneller Jazzmusik. Als drei Jahre später Der Rote Bereich 2 nachfolgte – die Besetzung hatte sich zu einem Quartett umformiert, der Bass verschwand und Hal Crook, langjähriges Mitglied des Phil Woods Quintetts, trat an die Stelle von Marty Cook -, stellte das Magazin ’Jazzpodium’ bewundernd fest: „Seit ihrer ersten Entdeckungsreise in die Grenzbereiche auskomponierter und improvisierter Klänge genießt die Band … wahren Kultstatus. In ganz Deutschland gibt es derzeit kaum eine vergleichbar vielschichtige, erstaunlich simple, erfrischend selbstironische und zu jeder Sekunde interessante Musik.“
1998 – Möbus und Mahall waren mittlerweile nach Berlin gezogen – trat John Schröder an die Stelle von Jim Black und auf die Posaune wurde fortan verzichtet. Der Rote Bereich 3 erschien. In den nächsten beiden Jahren unternahm das Trio Tourneen quer durch Europa, war Gast auf so wichtigen Festivals wie dem Bell Atlantic Jazzfestival in New York, dem JazzFest Berlin, dem Amsterdam Jazzfestival oder der Triennale Köln, tourte im Auftrag des Goethe-Instituts einen Monat lang durch Afrika und wurde von Jazzthetik als „eine der spannendsten Jazzformationen Deutschlands“ gepriesen. 2001 sollte ein äußerst erfolgreiches Jahr werden. Waren bisher alle Alben bei Jazz4Ever erschienen, so wurde im Januar desselben Jahres die erste Produktion für das Label ACT veröffentlicht: Love me tender (ACT 9286-2). Der Rote Bereich ging auf immer ausgedehntere Tourneen, spielte auf den großen Festivals in Montreux oder Istanbul, tourte auf Einladung von „Jeunesse musicale“ durch Österreich, erhielt das Kulturstipendium der Stadt Nürnberg – und stürmte regelrecht das Feuilleton der deutschen Presse, von der ZEIT bis zur FAZ waren sich die Kritikerstimmen einig wie selten: „Die drei Berliner sind mit das Schönste, was man derzeit im Jazz hören kann“ (Frankfurter Rundschau), „auf dem Weg zur Weltspitze“ (Tagespiegel), „Musik von klugen Geistern“ (Die Welt) …Bei aller Kontinuität entwickelte sich die Musik weiter und ihre konzeptionelle Veränderung durch die neuen Kompositionen von Frank Möbus machten 2002 eine letzte Umbesetzung nötig: John Schröder wurde von Oliver Bernd Steidle, der seit Jahren in der Berliner Jazz-Szene aktiv ist und als eins der großen deutschen Talente an diesem Instrument gilt, am Schlagzeug abgelöst. Und so nahmen die drei im März diesen Jahres ihre neueste Produktion auf: „Risky Business“ (ACT 9407-2), das mittlerweile fünfte Album des Roten Bereichs, wird Ende Juni 2002 veröffentlicht und könnte zu einem Meilenstein in der Entwicklung der Gruppe werden. „Gegen die Langeweile kämpfen Götter selbst vergebens“ – doch, mit Verlaub, hier irrt Nietzsche, denn er kannte den Roten Bereich nicht. Auf dem humorigen Infoblatt zu ihrer allerersten CD hieß es: „Musik hat mit dem Leben zu tun, aber das Leben nicht notwendigerweise mit Musik“ – und das hört man. Ebenso wie den „Spaß an musikalischem Ernst“, der ihre „seltsame“ Musik (wie sie selbst sie gerne beschreiben), zu einem ebenso intellektuellen wie sinnlichen zeitgenössischen Jazz-Abenteuer macht, bei dem einem ganz sicher in keinem Augenblick langweilig wird …
Risky Business
Ein Raunen ging durch die deutschsprachigen Feuilletons, als Der Rote Bereich im Frühjahr letzten Jahres „Love Me Tender“, seine erste Platte bei Act, veröffentlichte. Die Musik des Trios um den Gitarristen Frank Möbus hatte keine Spur von dem üblen Geruch, den Frank Zappa einst dem Jazz nachsagte. Statt dessen: Die Kompositionen losratternd, die Soli kurvig, das Gruppenspiel kreischend – Musik wie eine Achterbahnfahrt. Allerdings wie eine im Rückwärtsgang: Den nächsten Loop sieht man nie kommen. Ob New Thing, Rock’n’Roll oder Zwölftonreihen, die drei Männer mit den langen Koteletten und überkandidelten Anzügen haben die flüchtige Anspielung zum Stilmittel erhoben. Gut anschnallen also, und noch besser hinhören, sonst verpaßt man alles. Das hieß es damals, das heißt es jetzt. Denn nach einem guten Jahr, vollgepackt mit Tourneen durch Europa, geht es weiter mit „Risky Business“, aufgenommen im März 2002. Man muß ein bißchen Etymologie betreiben, um hinter den Titel zu kommen. „Business“ kommt schließlich von „Busy-ness“. Hier geschehen noch mehr Dinge gleichzeitig als auf dem Vorgänger. Möbus setzt in vielen Stücken ein Loopgerät ein, an einigen Stellen sind es sogar zwei, die gegeneinander laufen. „Dieses Spiel mit der
Maschine ist schon in den Kompositionen angelegt“, sagt Möbus. „Es ist, als tanzten wir alle drei um diesen unverrückbaren Puls“. Ein Rollercoaster, so riskant, daß nicht jeder auf seinem Platz bleibt. Deshalb hat Der Rote Bereich nun einen neuen Schlagzeuger, Oliver Bernd Steidle, gerade 25 Jahre alt. Genau wie Möbus und Mahall stammt er aus Nürnberg, und auch er gehört zur lebendigen Berliner Szene. Möbus ist hellbegeistert: „Ich war vor einem Jahr mit seiner Band auf Tour. Da ist mir ein Licht aufgegangen. Durch ihn werden die komplizierten Rhythmen nachvollziehbar, er hört die Form der Stücke voraus. Jeder in der Band weiß nun, wann er dem anderen etwas geben muß“. Man hört das am Opener „Mein Sportheim“, ein Stück, das die Platte zusammenfaßt. Noch dichter als früher klingt die Band hier. Zwei Metren (4/4 und 6/8) laufen gegeneinander, Rudi Mahall fügt in seinem Solo noch ein drittes hinzu. Wobei „Solo“ die Sache nicht trifft. Möbus: „Es geht bei den Improvisationen nicht mehr um den einzelnen Spieler, sondern um den Gesamtsound. Deswegen wechseln Solo und Begleitung in kurzen Abständen. Und das Solo selbst hat immer auch begleitende Funktion.“ Zwei Klassiker aus dem Repertoire hat Der Rote Bereich hier noch einmal neu interpretiert. Dazu gehört Möbus‘ eindringliche Ballade „Feijoada De Chocos“, das die Band auf dem dritten Album für das kleine Label „Jazz4Ever“ eingespielt hatte. Die lyrische Seite des Roten Bereichs: auch sie hat ihre Tücken. Steidle wechselt zwischen 5/4 und 7/4, Möbus begleitet das Ganze in 4/4 und Mahall springt zwischen den Ebenen hin und her. Der Schwerpunkt von „Risky Business“ aber liegt in der Wiederentdeckung der Rock-Einflüsse. Inzwischen schleppt Möbus, der fast alle Stücke geschrieben hat, einen großen Marshall-Verstärker zu den Konzerten, denn: „Die Stärke der elektrischen Gitarre liegt im Rock“. Doch auch das, versteht sich, beläßt Der Rote Bereich bei Andeutungen. Wirklichen Rock zu spielen, wäre einfach nicht riskant genug. Wenn auch gut für’s Business.
BIOGRAPHIEN
Rudi Mahall (bcl)
-geb. 1966
-spielt seit 1981 Klarinette
-Studium von Klarinette und Bass-Klarinette zwischen 1984 und 1989 (Klassik und Jazz)
-Besuch von Workshops u.a. bei Günther Christmann
-seit 1991 freischaffender Musiker
-Aufnahmen, Tourneen und Konzerte mit Lee Konitz, Paul Lovens, Berlin Contemporary Orchestra, Alex von Schlippenbach, Conny Bauer u.v.a.
-aktuelle Projekte: Aki Takase – Rudi Mahall Duo, Die Enttäuschung, Günther Adler u.a.
Frank Möbus (git)
-geb. 1966
-erhielt den ersten Gitarrenunterricht mit elf Jahren
-Studium der klassischen Gitarre von 1982 bis 1984
-Berklee College of Music 1985 bis 1989
-private Studien bei Jerry Bergonzi (1988- 1990)
-seit 1990 freischaffender Musiker, Produzent und Komponist zwischen Jazz, Neuer Musik und Rock`n Roll
-CD- und Radio-Produktionen, Tourneen und Konzerte in Europa, USA und Afrika mit Kenny Wheeler, Ray Anderson, Maria Joâo, Jim Black, Herb Robertson, Ed Schuller u.v.a.
-aktuelle Projekte: Carlos Bica`s „Azul“, Erdmann 2000 u.a.
-Dozent für Gitarre an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin, sowie an der Hochschule der Künste in Berlin
Oliver Bernd Steidle (drums)
-geb. 1975
-Schlagzeugunterricht seit 1986
-studierte an der Musikhochschule Nürnberg
-Gewinner des Generations Wettbewerbs 1998 und des JHK Wettbewerbs 1999
-spielte diverse Rundfunk und TV- Produktionen u.a. mit Lutz Häffner, Johannes Fink, Thomas Fink, Rudi Mahall, John Schröder, Peter Weniger…
-aktuelle Projekte: Das Rosa Rauschen u.a.
PRESSESTIMMEN: LOVE ME TENDER (ACT 9286-2)
„…wichtigste Vertreter des deutschen Avantgarde-Jazz… auf dem Weg zur Weltspitze.“
Tagesspiegel, 20. 2. 2001
„Cet opus procure une totale réjouissance“ – „Dieses Werk verschafft absoluten Genuss.“
Jazzman / F, Mai 2001
„Ein nach allen Seiten hin offener Sound, der nichts Glattes kennt, der Tiefe hat, ohne dafür Pathos zu bemühen, der kunstvoll ist und doch klingt, als käme er aus der nächsten Garage. Street credibility würde man so etwas im HipHop nennen. Im Jazz gibt es dafür keinen Namen. Authentizität vielleicht? … Dabei finden sie ihren eigenen Rhythmus und ihren eigenen Ton wie kaum eine zweite deutsche Jazzcombo … Die drei Berliner sind mit das Schönste, was man derzeit im Jazz hören kann.“
Frankfurter Rundschau, 14. 2. 2001
„Das ist originell und versprüht frischen Humor.“
Neue Presse, 2. 2. 2001
„Höchst kompetente Virtuosen, trennscharf sezierende Strukturalisten der Improvisation … Musik von klugen Geistern.“
Die Welt, 26. 2. 2001
„Verzinkte Hunde im Jazzformat … Vielleicht ist dies das Verblüffendste am Roten Bereich: wie selbstverständlich sie das Außergewöhnliche präsentieren. Rhythmuswechsel als natürliche Brüche, süße Melodien, gefühlvoll gezupft, gewischt und geblasen, mit leichten Verrückungen gespielt, die kühle Kammermusik eines Jimmy Giuffre ebenso im Blut wie die Kraft des bassgetränkten Sounds von Cream. Es geht voran.“
Die Zeit, 1. 3. 2001
„Gegenmodell zum konventionellen Jazz“
Tageszeitung, 5. 3. 2001
„Anarchistisch, witzig, angeschrägt, unerwartet und frech“
Nürnberger Zeitung, 21.02.2001
„Sie sind Verwirrspieler, die mit schwarzhumoriger Trockenheit dem Hörer Fallen stellen und lustvoll zerstören, was sie gerade noch wie etwas Gesichertes aufgebaut haben. Doch seltsam: Der Elan schmeckt nicht nach Negativität, sondern klingt wie ein Ruf nach Freiheit, wie ein Bekenntnis zum Unbändigen der Phantasie.“
Süddeutsche Zeitung, 28. 2. 2001
„Intelligente Arrangements paaren sich mit überraschenden und aberwitzigen Einfällen.“
Zitty 3/2001
„Hier ist Musik zu hören, die höchst eigenwillig ist. Kreativ. Wer verdient heute noch dieses Etikett?… Das ist Jazz, der Spaß macht. … Einfach grandios.“
Braunschweiger Zeitung, 19. 3. 2001
„Das Ganze könnte gut aus der kraftvoll durch die Stile kreuzenden New Yorker Downtown-Szene stammen, es kommt aber aus Berlin.“
Kurier am Sonntag, 25. 2. 2001
„Die Berliner sorgen dafür, daß Jazz im 21. Jahrhundert ein unberechenbares Hörabenteuer bleibt.“
Süddeutsche Zeitung, 15. 2. 2001
„… mit originellem Sound auf dem Karrieresprung“
Abendzeitung Nürnberg, 21. 11. 2001
„Der hohe Grad an Reflexion, der diesen elektro-akustischen Kunststücken zu Grunde liegt, ist immer spürbar, auch oder gerade wenn hingerotzte Power-Akkorde verträumte Tonsetzerein konterkarieren, wenn kunstvoll inszeniertes Chaos komplett durchkomponierte Hinterfotzigkeiten ablöst oder Stücke unvermittelt offen enden … Frisch, frech und nicht unterfordernd.“
Süddeutsche Zeitung, 17./18. 2. 2001
„A STRONGBUY!“
Zentralnerv, März 2001
„Der Rote Bereich perfektioniert die avantgardeske Beliebigkeit der Neunziger zum zeitgenössischen Jazzerlebnis mit ironischem Unterton. Ganz schön clever.“
Jazz Zeit (A), April 2001
„Trio Infernal der Jazz-Szene“
Nürnberger Nachrichten, 21. 2. 2001
Der Rote Bereich schlägt „die Brücke zwischen der New Yorker Knitting Factory und Berlin Mitte. Ja, das ist er, der Jazz, vor dem uns unserer Väter immer gewarnt haben!“
Stuttgarter Zeitung, 17. 2. 2001
„Weltmännischen Jazz boten die Berliner. Gitarre, Bassklarinette und Drums verkleideten die Schwere radikalisierten Jazz-Handwerks in musikalisches Leichtgewicht, geprägt von intelligent eingesetztem Pop-Appeal.“
Salzburger Nachrichten, 17. 3. 2001
„Was sich da im „Roten Bereich“ abspielt, erkundet Grenzbezirke, setzt sich allen Gefahren des Unvorhersehbaren, Unerhörten aus und entwickelt dabei eine schöne Scheu vor dem Niemandsland, durch das der Mainstream sich schlängelt.“
Süddeutsche Zeitung, 28. 2. 2001
PRESSESTIMMEN: Risky Business
Die Szene Berlin ist mächtig angesagt. Und wie es sich für aufregende Städte gehört, sind es auch hier die Exilanten aus der Provinz, die das wilde Gemenge zubereiten, aus dem sich mit energetischen Reaktionen neue Stoffe synthetisieren. Der Rote Bereich um den Gitarristen Frank Möbus ist so eine Energiezone. Sie arbeitet mit Affinitätsbeschleuniger. So kommt jetzt neben den beiden Stamm-Musikern – neben Möbus der Klarinettist Rudi Mahall – auch der dritte Bereichs-Vertreter aus Nürnberg: Er ist fünfundzwanzig Jahre jung, heißt Oliver Bernd Steidle und bedient das Schlagzeug. Wie schon auf der Vorgänger-CD „Love Me Tender“ besticht das risikofreudig offene Triokonzept der Gruppe, die auf einen Bass verzichtet und dafür die Möglichkeiten von Gitarren-Loops nutzt. So bleibt der Kontrast von Rudi Mahalls Bassklarinette mit den angeschrägten Möbus-Gitarrensounds im spröden Bereich. Alle drei schrecken hier ganz und gar nicht vor elegischen Balladenklängen zurück – doch die kommen nicht als Elegien daher: In rauer Prosa werden die Geschichten erzählt, die es nicht nötig haben, hemdsärmlig Gegen-den-Strich-Bürster zu mimen, um unsentimental wahres Gefühl zu zeigen. Die drei Herren aus dem Land mit der kernigen Aussprache pflegen auch eine Vorliebe für überkandidelt spielerisch Verqueres. Da laufen unterschiedliche Metren gegeneinander, und doch klingt nichts bemüht, quicklebendig tänzelt die Musik, macht mal hüh und hopp oder schlenzt hipp hipp und hott ums Eck. Der Rote Bereich ist mit seinem „Risky Business“ mehr denn je das Beste, was dem deutschen Jazz widerfahren konnte.
Thomas Fitterling, Rondo-Magazin, 4. Juli 2002
„Wer Kompositionen „Mein Sportheim“ oder „Ich geh’ zur Polizei“ nennt, ist offensichtlich alles andere als bierernst. Und so klingt auch die Musik dieses Trios infernal aus Gitarre (Möbus), Bassklarinette (Rudi Mahall) und Schlagzeug (O. B. Steidle): witzig, schräg und dabei kunstvoll inszeniert.Schon werden die drei Berliner als ‚wichtigste Vertreter des deutschen Avantgarde-Jazz’ gefeiert. Wunderbar, wenn Neues so unangestrengt daherkommt.“
KulturSPIEGEL August 2002
„We never solo, we always solo!“ hat Joe Zawinul einmal den Sound von Weather Report beschrieben. Um zu hören, was solch ein Satz bedeuten kann, muß man nur mal in das erstaunliche zweite Album von Frank Möbus/Der Rote Bereich reinhören. So kompakt, wie dieses Trio (Gitarre, Bassklarinette, Schlagzeug) hier miteinander arbeitet, ist es in der Tat ein riskantes Unterfangen. Die Musiker wechseln mitunter zwar Genre und Tonart, halten aber über die gesamte Strecke des Albums die unglaubliche Intensität ihres Zusammenspiels: Freie Improvisation meets Postrock in outer space. Teilweise musizieren die drei in einem Track zu drei unterschiedlichen Metren, mitunter wirft Gitarrist Frank Möbus einen klitzekleinen Brocken Rock in die Runde. Durch den Klang der Bassklarinette geraten die etwas weniger nervösen Tracks in die Nähe des kammermusikalischen Jazz der Jimmy Guiffre 3. Schlicht atemberaubend dann die letzten 14 Minuten des Albums mit dem Titelstück als „hidden bonus track“: Bassklarinetten und E-Gitarre schlieren nebeneinander ins Ziel – reine, abstrakte Soundwolken.
Intro – Musik und so. Pop, Kultur und gute Noten, 24. Juli 2002.
„Der Rote Bereich“ ist ein Berliner Trio ohne Bass, daß es mittlerweile seit zehn Jahren gibt. Inzwischen gilt die Band als eine der wichtigsten des deutschen Avantgarde-Jazz. Ihre neue Platte „Risky Business“ ist ein Grenzgang zwischen Jazz, Rock und Zwölftonmusik. „Der rote Bereich“ ist zugleich ein Pop-Phänomen, denn die Band hat viele junge Fans. Das neue Album ist bei act music erschienen.
CD-Tip auf 3sat „Kulturzeit“
Der Rote Bereich, ein Trio aus Berlin, verblüfft auch auf der zweiten ACT-CD mit ausufernd vielschichtigen, dabei aber niemals konstruierten, intensivsten Klangüberraschungen. Das ist originell und sprüht von erfrischendem Humor, wenn verschiedenen Metren gegeneinander laufen. Da klingt mal der frühe Bill Frisell durch, werden rockige Parameter neu ausgelotet, das eigene Spiel mehrfach geloopt, gibt man sich im nächsten Moment einer fesselnden schrägen Ballade hin – alles stets überraschend und grandios. Gegründet wurde Der Rote Bereich vor knapp zehn Jahren in Nürnberg vom Gitarristen Frank Möbus – er spielte schon mit Ray Anderson, Maria João und Kenny Wheeler – und dem Bassklarinettisten Rudi Mahall – Partner von Aki Takase und Marty Cook. In Berlin trafen sie später auf den Schlagzeuger John Schröder, der für „Risky Business“ allerdings durch Oliver Bernd Steidle ausgetauscht wurde. Mannigfaltigkeit und verwegene Improvisation stehen bei den drei intelligenten Avantgardisten an erster Stelle. New Yorker Downtown-Fantasien, aber aus Berlin.
JAZZTHING, Oliver Maikopf, September/Oktober 2002