03/2017: Improvising Masada|Annette Maye`s Vinograd Express

Rezension von Uwe Bräutigam auf nrwjazz.net

Annette Maye – clarinet, bass clarinet
Udo Moll – trumpet
Janko Hanushevsky – bass
Etienne Nillesen – drums


Text & Fotos: Uwe Bräutigam

Köln, 15.03.2017 | Als letzte Station seiner Tour macht der Vinograd Express im Kölner Loft halt. Remembering Masada heißt das Programm, benannt nach der gleichnamigen CD. Die Playlist im Loft besteht auch aus Stücken aus der CD.

Wer das Album im CD Regal stehen hat und es oft hört, wird beim Konzert im Loft eine Überraschung erleben und viel Neues hören. Nun ist es im Jazz üblich, dass ein Stück live gespielt, nie der CD völlig gleicht, ja das von Konzert zu Konzert die Stücke immervariiert werden.

Aber Annette Maye und die Musiker des Vinograd Express machen aus Remembering Masada auf ihrem Gig Improvising Masada. Die Musikerin und Musiker von Vinograd Express sind : Annette Maye, Klarinette, Bassklarinette; Udo Moll, Trompete; Janko Hanushevsky, E-Bass und Etienne Nillesen, Snaredrum, Becken. Etienne Nillesen ist für den verhinderten Vinograd Schlagzeuger Max Andrzejewski eingesprungen

Während ihrer Tour haben die MusikerInnen, die alle viel Erfahrung mit freier Improvisation haben, sich überlegt, dass sie die Stücke nicht mehr an die CD angenähert spielen wollen, sondern frei zu den Basslinien oder den Melodien improvisieren wollen. Die freiere Spielweise war ein großer Erfolg, das Publikum und die Musiker waren mehr als zufrieden. Hinter diese Aufführungspraxis wollten sie nun nicht mehr zurück und haben in der weiteren Tour im freier gespielt. Gianluigi Trovesi, der bei einigen Auftritten mitspielte, war ebenfalls von dieser Praxis begeistert.

So war auch das Konzert im Loft von spannenden Improvisationen voller musikalischer Phantasie geprägt. Es sei beim Spielen wichtig nicht in Erinnerung an üblich gespielte Phrasen zu verfallen, sagt Janko Hanushevsky, sondern in der Situation direkt und frisch auf die Musik der Mitspieler zu reagieren. Janko setzt z.B. neue Präparationen an seinem Bass ein, in dem er mit einem Flaschenreiniger ungewöhnliche Glissandi und verschiedene andere Klänge auf dem Bass erzeugte. Auch Billardkugeln setzt er an seinem Bass ein.

Auch wenn die Improvisationen sich weit von der Form der Stücke auf der CD entfernen, so bleibt doch die Essenz der Masada Lieder erhalten.Manchmal entwickelt Udo Moll aus dem freien Spiel die Melodie und Annette Maye greift sie mit der Klarinette auf, umspielt sie und folgt dann der Trompete. Ein andermal führt Annette Maye die Band mit kurzen Melodiesequenzen langsam zum Song zurück. Es ergeben sich immer wieder eindrückliche und schöne Momente, hier ein Klarinetten/Bass Duett, dort ein Gänsehaut Duo von Trompete und Bassklarinette, oder der Bass setzt in ein Solo von Etienne Nillesen ein, der mit den Enden der Trommelstöcke über seine Snaredrum reibt, von den schönen Soli der einzelnen Musiker ganz abgesehen.

Die Masada Lieder basieren auf alten volkstümlichen orientalischen Melodien, zu denen der Vinograd Express immer wieder zurückkehrt und das Publikum mit Schnippen und Wippen kann.John Zorn hätte sicher seine Freude an der Interpretation seiner Stücke gehabt. Es ist eine Synthese entstanden aus lebendiger Improvisation mit vielen schönen Momenten und den alten jüdischen Melodien.

Rezension der CD “Remembering Masada“:

http://www.nrwjazz.net/rezensionen/2015/vinogradexpressremeberingmasada/

Mehr infos zur Band: https://www.facebook.com/vinograd.express