Rezension von Uwe Bräutigam auf nrwjazz.net
Zusanna Leharova – violin, Angelika Sheridan – flutes, Annette Maye – clarinets, Carl Ludwig Hübsch – tuba, Lisa Mezzacappa (US) – contrabass, composition, Philip Zoubek – piano
Lisa Mezzacappa – Organelle | Von der Biologie zur Musik
Text & Fotos: Uwe Bräutigam
Köln, 23.06.2016 | Die Bassistin und Komponistin Lisa Mezzacappa aus San Francisco ist studierte Biologin und versucht mit der Komposition „Organelle“ Naturphänomene in den Bereich der Musik zu übertragen. Ihre Kompositionen basieren auf Prozessen der Astrophysik, der Biologie der Zellen, der Neurowissenschaft und anderen Bereichen der Naturwissenschaft. Musik soll diese für uns unsichtbaren Vorgänge sinnlich erlebbar machen. Ihr Kompositionszyklus “Organelle“ für ein Ensemble mit unterschiedlichen Besetzungen hat sie bereits in Neapel und Rom aufgeführt und Köln ist die letzte Station in Europa. Ende des Jahres soll die Musik dann in den USA gespielt werden.
Lisa Mezzacappa war 2013 und 2014 von den Kritikern des Down Beat zum “rising star“ im Bereich Bass gekürt worden.
Ihr Kölner Ensemble besteht aus profilierten MusikerInnen der Impro – und Jazzszene:
Zusanna Leharova – violin, Angelika Sheridan – flutes, Annette Maye – clarinets, Carl Ludwig Hübsch – tuba, Philip Zoubek – piano.
Die Notierungen der einzelnen Stücke sind in verschiedenen Graphiken und Bildern dargestellt, ein Stück hat z.B. eine Baumplatte als `Notenblatt`. So erkennen die MusikerInnen wann sie einsetzen sollen, ob sie mit den Tönen nach oben oder unten gehen sollen, wann sie sich mit den anderen MusikerInnen “verzahnen“ sollen, wann welche Instrumente im Duett spielen, wann ein Ostinato gespielt wird, ob “dichtes“ oder “luftiges“ Spielen ansteht und vieles mehr. Lisa Mezzacappa gibt sehr genaue Strukturen vor und gibt den MusikerInnen dann viel Freiheit zur Ausgestaltung. Am Nachmittag vor dem Konzert kam die Besetzung zum ersten Mal zusammen. Nur Carl Ludwig Hübsch und Angelika Sheridan haben vor zwei Jahren bereits mit Lisa Mezzacappa in Köln gespielt.
Die einzelnen Stücke des Zyklus “Organelle“ sind sehr unterschiedlich und abwechslungsreich. Während das erste Stück ruhig und lyrisch klingt, geht es im nächsten mit schnellen nervösen Tönen los und mündet dann in sehr schöne Duette von Querflöte und Bassklarinette, Piano und Bass, Geige und Tuba, Flöte und Piano. Zwischen den Duetten spielen alle Instrumente schnelle unruhige Tonfolgen. Das folgende Stück beginnt mit einem rauschenden Geräusch der Tuba, in das dann die Geige zart hineinspielt, dann kommen Klarinette und Flöte hinzu, dann werden die Töne voller, schneller und münden in ein Crescendo, aus dem sich dann ein Bass Klavier Duett herausschält. Immer neue Figuren und Konstellationen entstehen. Lisa und auch die anderen MusikerInnen geben sich die Einsätze. Es ist zu spüren, dass sich die MusikerInnen immer wieder orientieren müssen.
Musik, die experimentell ist und in der viel improvisiert wird, ist immer ein Wagnis und das Publikum kann Anteil daran nehmen. Das Konzert im Kölner Loft wurde live mitgeschnitten.
Als Zuhörer hätte ich mir ein paar Ansagen zum interessanten Hintergrund der Stücke gewünscht, aber das stört natürlich den Fluss des Livemitschnitts.