10/2024: zum 100. Geburtstag – Gedenken an Alfred Krings (1924 – 1987)

Erinnerungen an den Hauptabteilungsleiter Musik des Westdeutschen Rundfunks (1976-1987), einen großen und nachhaltigen Förderer der Musik im WDR, in der Stadt Köln und im Land Nordrhein-Westfalen.

Prof. Dr. Alfred Krings (1924-1987)

Durch seinen Ideenreichtum und seine Kreativität erlebte das gesamte Musikprogramm des Senders – von Volksmusik, Musikkulturen über Pop, Rock und Jazz bis zur Klassik und Neuen Musik – eine unvergleichliche Blüte, von der auch das Musikleben der Stadt Köln und des Landes NRW profitierten und heute noch profitieren.
Am 22. Oktober 2024 wäre er 100 Jahre alt geworden: Prof. Dr. Alfred Krings. Im Jahr 1987 viel zu früh verstorben, hat er damals eine große Lücke im Musikleben nicht nur des WDR hinterlassen. Erst nach vielen Jahren ist mir bewusst geworden, was dieser Mann in seiner Zeit als Hauptabteilungsleiter Musik alles bewegt hat. So war er mit verantwortlich für die Gesamteinspielungen der Schubert und Bruckner Sinfonien des WDR Sinfonie Orchesters unter Günter Wand, knüpfte Kontakte nach Japan und war Wegbereiter der Aufnahme aller Mahler Sinfonien unter Gary Bertini in der Suntory Hall in Tokio – für viele sind diese Einspielungen heute noch Referenz-Aufnahmen dieser Sinfonien. Auch auf sein Wirken ist zurückzuführen, dass der WDR sich am Bau der Kölner Philharmonie beteiligte und somit das WDR Sinfonie Orchester seitdem diesen wunderbaren Saal seine Heimat nennen darf. Den großen Sendesaal machte er einmal mehr zu einem wichtigen Konzertort der Stadt Köln und damit zu dem, was er heute sein könnte: zum Kammermusiksaal der Stadt, der so schmerzlich vermisst wird.
Obwohl ausgewiesener Fachmann der Alten Musik, kannte er doch keine Grenzen zwischen Alter und Neuer Musik, Jazz, Folk, Volksmusik oder außereuropäischer Kunstmusik. Er zeichnete verantwortlich für die Gründung der WDR Big Band, richtete für die Alte Musik aber auch für den Jazz eigene Redaktionen ein und machte den WDR zum größten Konzertveranstalter in NRW, z.B. durch die Reihe Kammerkonzerte in NRW. Auch die WDR-eigenen Klangkörper musizierten jetzt immer häufiger im Sendegebiet. 1984 griff er die Tradition der Rheinischen Musikfeste auf, die dann auch als Westfälisches Musikfest das Konzertleben in jeweils einer Region von NRW bereicherten. Dabei ließ er den Redakteur*innen großen Spielraum in der Verwirklichung ihrer Ideen, und war dabei selbst ein entscheidungsfreudiger Manager seiner Musikabteilung, die damals natürlich anders strukturiert war als zur heutigen Zeit.
Seine Passion galt der Alten Musik, lange galt Köln deshalb durch das Engagement des WDR auf diesem Gebiet als eines der wichtigsten Zentren in Europa, seine Leistungen und die seiner Redaktion sind durch zahllose Produktionen dokumentiert oder haben sich z.B. durch die Gründung der Tage für Alte Musik in Herne manifestiert. Auch an der Idee einer Romanischen Nacht – einer musikalischen Wanderung durch die romanischen Kirchen Kölns – war er beteiligt. Die Neue Musik und ihre Redaktion hatte er ebenfalls im Blick, sie hatte in seiner Ägide den höchsten Etat aller ARD-Anstalten, er führte so die große Tradition des WDR auf diesem Gebiet fort, die Tage für neue Kammermusik in Witten hatten seine Unterstützung ebenso wie die von ihm eingerichtete Jazzredaktion, die zahlreiche Clubs und Festivals durch Mitschnitte förderte, aber auch in der Lage war, eigene Produktionen von hohem Niveau durchzuführen
Ich denke an ihn als einen umtriebigen, sachkundigen, ideenreichen und immer entscheidungsfreudigen Menschen, mit dem die Zusammenarbeit nicht immer einfach war, der aber mit seinen Leistungen das Musikleben im WDR, der Stadt Köln und in NRW nachhaltig gestaltet und gefördert hat.
Hans Martin Müller, Köln, September 2024