Liebes LOFT,
herzlichen Glückwunsch zu Deinem 35. Geburtstag. Was für ein Glück, dass es Dich gibt, und ich bin dankbar, dass ich nun schon seit 1994 bei Dir auftreten darf.
Aber was ist das LOFT eigentlich? Ein Raum mit Stühlen, ein Vorraum mit kleiner Theke. Das klingt erstmal nach nichts Besonderem, aber wenn man sich etwas genauer und intensiver damit beschäftigt, wird sofort klar, warum das LOFT so ein genialer und wichtiger Ort ist.
Es ist ein Spielraum, in dem Dinge entstehen können, ein Ort, in dem das Publikum ganz nah dran ist und die kreativen Prozesse hautnah miterleben kann.
Ein Raum, der sehr gut klingt und in dem sich die Musiker*innen deshalb wohl fühlen, sich entspannen und dementsprechend gut und alleine im Geist der Musik spielen können. Hier ist nichts gekünstelt und gehypt, denn das LOFT nimmt sich nicht wichtiger als die Musik selbst und bietet den Raum, den akustische Musik und Improvisation brauchen.
So ein Ort entsteht nicht von alleine! Hier stecken sehr viel Herzblut, Liebe und Arbeit drin. Gegründet wurde er vor 35 Jahren von dem Orchestermusiker des WDR Sinfonieorchesters Hans Martin Müller. Er wollte einen Raum für Kammermusik schaffen, hat die Musiker*innen ernst genommen und ihnen vertraut, und hat ziemlich selbstlos agiert, weil er die Musik in allen ihren Formen liebt und sich deshalb in seiner Mission und Vision nie beirren ließ. Die Musiker*innen und ihre Musik bestimmen die Regeln, das war und ist die Maxime und es gibt gar nicht so viele Spielorte, in denen das so ist.
So wurde das LOFT immer weiterentwickelt, der Konzertraum vergrößert und sogar als Tonstudio professionalisiert. Inzwischen haben das LOFT und seine Toningenieure einen eigenen signature sound geschaffen.
Manchmal hat das LOFT in der Kulturpolitik einen schweren Stand, denn obwohl es so enorm wichtig für die lokale, nationale und internationale Szene ist macht es sich nicht größer als es ist. Da muss man schon genau hingucken um dessen Bedeutung zu erkennen, aber wiederum eigentlich auch nicht, denn wenn man sich mit der Musik, der Szene und dem Programm des LOFTs beschäftigt, merkt man sofort, wieviel know how und Talent dort drinsteckt. Und das über Jahrzehnte mit einer Kontinuität, die ihresgleichen sucht.
Sehr elegant gelang auch die Stabübergabe an den jetzigen Leiter des LOFTs, Dr. Urs Benedikt Müller, den promovierten Biologen und Sohn des LOFT-Gründers: was für eine Idealbesetzung! Er ist quasi im und mit dem LOFT groß geworden und vertritt dieselben Werte wie sein Vater: für die Unabhängigkeit und Inhalte einstehen, und immer mit Herz und Verstand agieren.
Dass dann noch der Verein 2ndFLOOR e.V. gegründet wurde, der dem LOFT hilft die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen, ist ebenfalls ein wichtiger und folgerichtiger Schritt gewesen. Das LOFT wird vom Verein und von der Szene mitgetragen, und die jungloftler*innen helfen aktiv mit bei Betreuung und Organisation und hatten sogar lange eine eigene Konzertreihe.
Last but not least möchte ich hier ein Loblied auf das Publikum des LOFTs singen. Oft gehen Menschen in erster Linie ins Konzert, weil sie ein Event erleben wollen, und nicht weil sie unbedingt an der Musik interessiert sind. Nicht so im LOFT: hier geht man hin, um Musik zu erleben, in seiner reinen und kreativen Form. Das LOFT-Publikum freut sich auf die überraschenden und spontanen Momente, die man in dieser Form nur live erleben kann.
Nils Wogram, Männedorf (CH), August 2024