„Kunst wäscht den Staub des Alltags von der Seele,“ zitierte Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen am 19. Januar 2022 Pablo Picasso und meinte damit in diesem Fall die Musik, die in Spielstätten des Jazz und Pops erklingt. Ohne deren Einsatz für die Live-Musik würde im Musikleben Nordrhein-Westfalens nicht viel funktionieren und in der Pandemie ist dieser Einsatz besonders vertrackt und oft frustrierend. Dass die Spielstätten seit März 2020 durchhalten, Abstands- und Hygienekonzepte realisieren, Impf- und Testkontrollen vornehmen, Streaming-Technik einführten und eine besondere Logistik für den Backstack-Bereich entwickeln mussten, ist sehr anerkennenswert. „Sie alle haben auch im letzten Jahr weitergemacht. Deshalb finde ich es sehr gut, dass die Jury entschieden hat, dass alle, die sich beworben haben, eine Prämie erhalten,“ so Isabel Pfeiffer-Poensgen.
Die Jazzschmiede (Düsseldorf) erhält eine Prämie in Höhe von 15.000 Euro. Jeweils 12.000 Euro gehen an die Klangbrücke (Aachen) und den Bunker Ulmenwall (Bielefeld). Jeweils 10.000 Euro erhalten Black Box im Cuba (Münster), Jazzkeller (Krefeld), domicil (Dortmund) und Loft 2nd Floor (Köln). Jeweils 8.000 Euro gelten dem Gdanska (Oberhausen), In Situ Arts Society (Bonn), der Jazz Initiative (Dinslaken), Katakomben Theater (Essen), King Georg (Köln), dem ZAKK (Düsseldorf) und dem „Ort“ (Wuppertal).
Mit der Spielstättenprogrammprämie zeichnet das Ministerium für Kultur und Wissenschaft gemeinsam mit dem Landesmusikrat NRW seit dem Jahr 2009 kleine und mittlere Foren für Jazz und Popmusik aus, die in Form ihrer Live-Programme Musikerinnen und Musikern regelmäßige Auftrittsmöglichkeiten bieten. Die Fachjury bestand diesmal aus Christina Lux (Musikerin), Ulla Oster (Musikerin), Tim Isfort (Musiker) und Thomas Baerens (Referatsleiter Musik, Ministerium für Kultur und Wissenschaft).
Der Jazzmusiker Peter Weiss begrüßte als Hausherr der Jazzschmiede das Publikum. Er freute sich über die Würdigung des Spielstätten-Engagements durch die Landesregierung und dankte der Kulturministerin auch für die Corona-Stipendienprogramme des Landes in den Jahren 2020 und 2021. Er kenne viele Künstlerinnen und Künstler, die sich dank dieser Programme „über Wasser“ halten konnten.
Reinhard Knoll, Präsident des Landesmusikrats, knüpfte hieran an und wies auf die derzeitige Entwicklung der Infektionszahlen und der Schutzverordnungen hin. Für das Musikleben Nordrhein-Westfalens breche eine weitere Phase an, in der staatliche Unterstützungsmaßnahmen über die bisherigen hinaus dringend notwendig seien.
Die Kulturministerin wies darauf hin, dass sie als Vorsitzende der Kulturministerkonferenz derzeit an grundsätzlicheren Lösungen der sozialen Absicherung selbständiger Künstlerinnen und Künstler arbeite. Die Stipendien hätten aber in der Tat auch viele wertvolle Projekte ermöglicht, zu denen vorher einfach keine Zeit gewesen sei. Sie setzt aber eher auf Aktivierung. „Wir sind alle aufgerufen, gerade auch im Ministerium für Kultur und Wissenschaft, dem künstlerischen Schaffen den Rahmen zu geben, dass weiterhin gespielt, geschaffen und produziert werden kann,“ so die Ministerin. Sie wolle das Publikum auch nicht zu „Couchpotatoes“ machen, die nirgendwo mehr hingingen. Deshalb müssten alle Kulturbetriebe so lange wie möglich offengehalten werden. Jede Spielstätte sei jetzt gefordert, durch ihre Vorkehrungen Publikum zu überzeugen, dass es am kulturellen Geschehen teilnehmen könne und solle. Bernard Bosil vom Jazzkeller Krefeld sprach für die Vertreterinnen und Vertreter dieser Häuser, als er abschließend für die Einrichtung der Spielstättenprogrammprämie dankte. Diese Wertschätzung sei motivierend, denn die vergangenen beiden Jahre seien ganz schön hart gewesen.
Für die Kunst sorgte das URS Quartett mit vier Stücken von Kenny Wheeler und von Band-Mitglied Ursula Wienken (Bass). Sie fügten sich elegant in den Ablauf des Abends sein. Die Musik von Gastsängerin Donya Solaimani, von Flügelhornist Frederik Hesse, Bassistin Wienken, Pianist Moritz Petersen und Schlagzeuger Jakob Görris schwebt, meidet Haltepunkte, dehnt Motive zu Cantilenen und bevorzugt unregelmäßige Taktarten oder die Unterbrechung eines routinierten Vierertakts durch einzelne Dreiertakte. In der Mehrzahl der Stücke sang Donya Solaimani reine Vokalisen, in mancher Schlussbildung scheute sie die Tonika wie der Teufel das Weihwasser, und in der Tat hätte man diese Musik noch sehr viel länger hören können.
Die Veranstaltung organisierte und moderierte Eva Luise Roth vom Landesmusikrat NRW. Die Spielstättenprogrammprämien werden vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW und dem Landesmusikrat NRW vergeben. Die nächste Serie wird im Herbst 2022 ausgeschrieben werden.
Robert von Zahn