Die Begriffe des „Spielstättenprogrammpreises“ oder der „Spielstättenprogrammprämie“ sind gleichmaßen umständlich und holprig zu sprechen. Reinhard Knoll, Präsident des Landesmusikrats NRW, rettete sich bei der Feierstunde der diesjährigen Auszeichnungen in der Klangbrücke Aachen in die Abkürzung SSPP, Hildegard Kaluza, Abteilungsleiterin im Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW, hingegen machte aus der Not eine Tugend und entwickelte eine Analogie: So kompliziert dieser Begriff sei, so komplex sei die Musik des Jazz, in der vor allem in der freien Improvisation die Stimmen der Instrumente schwer durchzuhören seien. Gleichwohl sei gerade in dieser Komplexität und in dieser Wertschätzung der Improvisation der Jazz die ideale Grundlage für das Zusammenbringen der vielfältigen Musikkultur in NRW.
Ein vielfältiges Musikleben brauche mutige Bühnen und Foren, die diese Genres um Jazz und avancierten Pop herum abbilden. Den Mut dieser Spielstätten wollen Landesregierung und Landesmusikrat mit dieser finanziellen Anerkennung auszeichnen, die vergeben wird, ohne einen Verwendungsnachweis einzufordern. In kurzen Redebeiträgen stellten Werner Hüsken, der Frontmann der deutsch-niederländischen Band P.U.L.S.E., und Hans-Martin Müller, der Betreiber des Konzertsaals „Loft Second Floor“ in Köln, heraus, wie wichtig gerade diese Eigenschaft des Spielstättenprogrammpreises NRW ist: Die Spielstätten brauchen dringend Unterstützung bei den Kosten, die über öffentliche Projektförderungen nicht abzudecken sind. Reinhard Knoll, Präsident des Landesmusikrats NRW, deutete an, dass diese Notwendigkeit auch über den Jazz hinaus bestehe und dass Lösungansätze in Arbeit seien.
Einigen Spielstätten liegt besonders an der öffentlichen Wertschätzung, die sich über diesen Preis ausdrückt. Das gastgebende Haus, die Klangbrücke Aachen, steht in kommunalen Plänen um eine Neugestaltung des drum herum gelegenen Busbahnhofs zur Disposition, sprich: sie ist vom Abriss bedroht. Für das seit einem Jahrzehnt nahezu jährlich prämierte Programm der Klangbrücke sorgt die Gesellschaft für zeitgenössische Musik Aachen, deren Vorsitzende Dr. Gwendolyn Webster die Probleme der Spielstätte schildert. Eine solche Auszeichnung kann den Fokus vom städtebaulichen Aspekt weg auf die kulturelle Leistung lenken, die in dem bedrohten Haus erbracht wird.
Reinhard Knoll dankte dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW dafür, dass es den Etat des Spielstättenprogrammpreises 2018 deutlich erhöht hat. Im Rahmen der Stärkungsinitiative Kultur des Landes wurden insgesamt 135.000 Euro als Prämien zwischen 5.000 Euro und 25.000 Euro an elf Spielstätten vergeben.
Eine Prämie in Höhe von 25.000 Euro erhielt das domicil (Dortmund), jeweils 20.000 Euro erhielten das Loft/2nd Floor (Köln), der Bunker Ulmenwall (Bielefeld) und das Loch (Wuppertal). 10.000 Euro gingen an das Schauspielhaus (Bergneustadt), die Jazzschmiede (Düsseldorf), die Black Box im Cuba (Münster). Das ZAKK (Düsseldorf), der ort/Peter Kowald Gesellschaft e.V. (Wuppertal), die Klangbrücke (Aachen) und die Altstadtschmiede (Recklinghausen) erhielten jeweils eine Prämie in Höhe von 5.000 Euro.
Werner Hüsken und die Band P.U.L.S.E. spielten rockige Jazztitel, die in der gut besuchten Klangbrücke mitrissen. Vor allem das Titelstück „Kobaltblau“ ihrer aktuellen CD überzeugte mit seiner Verschmelzung von Jazz, Soul und Rock. Robert von Zahn moderierte das Programm. Die Projektleitung des Spielstättenprogrammpreises liegt bei Eva Luise Roth (Landesmusikrat NRW). Die Jury bestand aus Christina Fuchs (Musikerin), Thomas Baerens (Referatsleiter Musik, Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW), Kornelia Vossebein (Landesmusikrat NRW und Zeche Carl Essen), David Möllmann (Initiative muensterbandnetz.de) und Annette Maye (Musikerin).
Der Spielstättenprogrammpreis NRW wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW und vom Landesmusikrats NRW vergeben, die Finanzierung liegt beim Ministerium, die Durchführung beim Landesmusikrat.