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Le Pot

Mittwoch 12. Oktober 2016 - 20:30

Manuel Mengis – Trumpet & Electronics
Hans-Peter Pfammatter – Synths & Piano
Martin Schütz – Cello & Electronics
Lionel Friedli – Drums


le-pot.com

Le Pot liefert den Sound von morgen: vom minimalen Lebenszeichen über polyrhythmische Verschachtelungen bis zum wuchtigen Klanggebäude improvisiert sich das Quartett in die Apokalypse oder den Tag danach. Mit dem letzten Strom erzeugte Signale, Drohnenhall oder Sience-fiction-Geraun, die vier Musiker generieren einen Sound, der eine neue Raumzeit schafft: die Erfahrung der letzten Tage der Menschheit oder der Aufbruch in eine Zone, die einem näher ist, als man denkt: Neuronenfeuer, der Draht zur Innerlichkeit. Und über allem, wie blaue Lichtpunkte, die Trompete.
(Christine Pfammatter)


20161012Die Band Le Pot, bestehend aus Manuel Mengis an der Trompete, Hans-Peter Pfammatter an Piano, Synths und Moog, Manuel Troller an der Gitarre und Lionel Friedli am Schlagzeug bietet mit ihrer Serie She-Hera-Zade, erschienen auf dem Schweizer Label Everest Records, ein Hörerlebnis der Sonderklasse.

Die Trilogie erzählt keine Bandwurmgeschichte aus Tausendundeiner Nacht mit Happy End. Eher ist sie eine Reise in die Zukunft. Eine Zeit also, die im Dunkeln liegt, die wir höchstens in Fragmenten erahnen können. Die Band wird zum Instrument, das in die 5. Dimension weist. Was man Instant Composing, Avant-Improvisation oder einfach Kompositionen in der Zeit nennt, erinnert in Bruchstücken an industrial oder dark industrial, an zersplitterte Glasscheiben, und das Netz aus ambient-Elementen an eine dräuende Gefahr. Ein Klangbild entsteht, das die Form eines Triptychons annimmt und trotz Dunkelheit um ein lichtes Zentrum kreist.

Im Jahr 2016 wurde die Trilogie mit der äußerst minimalistisch gewordenen Scheibe Zade, die rein akustisch ist, abgeschlossen. Die acht Nummern schließen an die CD Hera an, die unter anderem eine Auseinandersetzung mit klassischen Stücken wie das „Requiem Aeternam“ aus dem War Requiem von Benjamin Britten ist und die im Jahr 2014 in der Burgkirche Raron aufgenommen wurde. Während Hera, die 2015 erschienen ist, noch mit melodiösen Linien, Farben und jazzigen Beats aufgeladen ist , treibt die letzte der Serie, Zade, das Flirren, Klirren, Wummern und Hallen einem radikalen Ende zu. Der Abschluss der Trilogie ist ein wahrer Abgesang, ein Endspiel geworden. Die instrumentalen Interventionen sind spärlich gesetzt. So entsteht viel Raum. Und Zeit. Sie dehnt sich im repetitiven Pianoton, der wie eine Mahnung über dem Stück „Open out“ steht, während die Trompete fast nur noch als Erinnerung fungiert und auch das Schlagzeug und die Gitarre nach langen Pausen mit einzelnen präzisen Sprengseln den Klangteppich aufrechterhalten. Es ist dies ein Klangerlebnis, das einem Lauschen gleichkommt, einem Hinhorchen, wobei der Eindruck einer großen Stille entsteht.

Während in Hera, die elektronisch und akustisch gespielt wird, lange Spannungsbögen aufgebaut werden, die sich verdichten und überlagern, die Musiker nebeinanderher improvisieren oder in perfekter Parallelführung miteinander spielen, ob sie auf einen Höhepunkt hinsteuern oder einen Rhythmus oder eine Melodie wiederaufnehmen, ob sie in der letzten Nummer „Now until the break of day“ humorvoll auf den kommenden Tag warten oder eine solistische Drum Einlage hervorzaubern, stets hat man das Gefühl einer noch existenten und in Bruchstücken funktionierenden Welt. In Zade hingegen trifft man auf das Futur II. Hier wird eine Welt skizziert, die in die Zukunft weist im Sinne eines postindustriellen, postdemokratischen und möglicherweise postatomaren Zeitalters. Ein Abgesang also, der in letzter Konsequenz in Stille mündet. Oder in neue Lebenszeichen.

Bereits der Beginn der Trilogie, die CD She, erschienen im Jahr 2014, umfasst alle Elemente, die diesen Sound spannungsreich machen: ein hochenergetisches Zusammenspiel, ein dichter elektronischer Klangteppich, große Bögen mit langsamen, stetigen Steigerungen und unerwartete Tempiwechsel. Auf She kommt die Kühnheit des Freejazz am kräftigsten und ungezähmtesten zum Ausdruck. Hier wird der abstrakte, ätherische Sound mit elektronischen Mitteln bis an die Grenzen ausgereizt. Bisweilen wird der Hörer, wie im Stück lccl, durch Rhythmus erlöst, durch die einsetzende Gitarre, eine Trompete, die an den coolen Miles Davis erinnert oder einfach nur durch Stille. Im ersten Stück „Ariel Alert“ fängt die Gruppe mitten im Gefecht an, um den dichten elektronischen Klang unvermittelt abbrechen zu lassen. Dies steigert die Wirkung des zweiten Stücks, „Desert Whale Song“, das mit leisen und spärlich gesetzten Tönen anfängt und damit das Ende der Trilogie vorwegnimmt. Dazwischen wird der Hörer mit Höhepunkten, Spannungsbögen, Brüchen und Variationen voller emotionaler oder gar existentieller Dringlichkeit beschenkt. Die Scheibe endet mit „Hier, oder am anderen Ende“, ein Stück, das man irgendwo in den Tiefen des Meeres lokalisiert, die einzelnen Signale hören sich an wie Echolote, der Schallimpuls führt weiter in eine Art Nachwelt. Es ist dies eine Klangerfahrung, die einem die Ohren öffnet und die lange nachwirkt.